Dienstag, 06 Dezember 2016 14:17

Exponat des Monats Dezember

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Hermann Neumeyer mit den hölzernen Wasserleitungen im Museum Hermann Neumeyer mit den hölzernen Wasserleitungen im Museum Beate Bickel

Pfeifen für's frische Wasser

von Hermann Neumeyer

Im Wolfhager Osten gibt es das Wohngebiet „Auf dem Pfeiffen“, das die Verbindung zum Gotzenberg in Richtung Bründersen darstellt. Das Wolfhager Regionalmuseum zeigt in seiner Abteilung 5 „Der Bürger in der Gesellschaft“ zwei solche Pfeifen, die dem Wohngebiet den Namen gaben. Es handelt sich dabei um durchbohrte Buchenstämme mit einem Durchmesser von ca. 30 cm und einer Bohrung von ca. 8 cm, die bei der 1983 begonnenen Garthaussanierung in der Wolfhager Vorstadt aus dem Erdreich geborgen wurden. Diese Pfeifen, die durch Eisenmuffen verbunden waren, verwendete man in Wolfhagen bis zum Jahr 1839 für Quellwasserleitungen, bis man sie später durch Eisenrohre ersetzte.

Die Gründung der Stadt Wolfhagen im frühen 13. Jahrhundert wurde durch die ihr zugedachte Schutzfunktion am Westrand der thüringischen bzw. später hessischen Landgrafschaft bestimmt. Dafür bot sich der an drei Seiten von Wasserläufen umgebene Stadthügel aus Muschelkalk an. Die durch den Aufstau der Wasserläufe entstandenen Teiche dienten nicht nur zum Schutz von Stadt und Burg auf dem Berg, sondern stellten auch Nutzwasser für Vieh, Gewerbe und Feuerbekämpfung bereit. Für die Trinkwasserversorgung war zunächst eine starke Felsenquelle in unmittelbarer Nähe der Stadt vor dem Teichtor wertvoll. Das Wasser dieser Quelle wurde in einem tief in den Felsen gehauenen Becken gesammelt. Hier konnte noch bis 1950 auch Wäsche gewaschen werden. Allerdings musste das Trinkwasser mühsam mit Wagen zu den Kümpen in der Stadt gefahren werden.
Die Stadt erschloss daher schon im 15. Jahrhundert den wasserreichen Quellhorizont des Glockenborns bei Bründersen und leitete das Wasser durch den 1,5 km langen „Roten Graben“ zu einem Sammelkeller unterhalb des Gotzenberges. Noch heute existiert dort der Flurname „Vor dem Keller“. Von diesem Keller floss das Glockenbornwasser durch eine Pfeifenleitung zum Neuen Tor am Hospital und weiter in die Stadt. Dabei reichte das Gefälle des Gotzenberges aus, um nach dem Prinzip der kommunizierenden Röhren die Steigung am Neuen Tor zu überwinden. Das Flurstück zwischen dem Gotzenberg und dem Stadthügel, durch das die Pfeifenleitung führte, erhielt den Namen „Auf dem Pfeiffen“.
Das Glockenbornwasser speiste zuerst vier Kümpe in der nach dem Glockenborn benannten „Borngasse“, der heutigen Mittelstraße, nämlich am Neuen Tor, an der Kreuzung mit der heutigen Gerichtsstraße, am Kirchplatz und am Renthof, später dann auch am Triangel, in der Schützeberger Straße an der Abzweigung der Lohgasse und in der Burgstraße an der Knackenburg. Dabei floss das Wasser jeweils aus einem Kump hinaus und in den nächsten hinein. Ein solcher Kump ist im Lapidarium vor dem Museum ausgestellt.
Natürlich war die Wasserversorgung bis zur Einführung von Eisenrohren mit Mängeln behaftet. So bot der offene Graben zwischen Glockenborn und Sammelbecken am Gotzenberg keinen Schutz vor absichtlichen oder wetterbedingten Verunreinigungen. Ferner ließen sich die hölzernen Pfeifen, auch wenn sie aus Eichenstämmen gewonnen wurden, nur schwer so dicht halten, dass für den Anstieg des Wassers vor dem Neuen Tor genügend Druck vorhanden war. Daher gab die Stadt bereits 1774 bei der kurfürstlichen Eisenhütte in Veckerhagen Eisenrohre in Auftrag. Aber erst 65 Jahre später konnten auch die letzten Pfeifen ersetzt werden, nämlich dort, wo es heute noch in Wolfhagen heißt „Auf dem Pfeiffen“.

 


Gelesen 6675 mal Letzte Änderung am Dienstag, 06 Dezember 2016 14:28

Veranstaltungen

 

--Veranstaltungen 2024--

 

Sonntag, 10. März, 15 Uhr 

Erzählcafé

Zum Thema: Magie und Aberglaube im Wolfhager Land

Eintritt frei!

 

Donnerstag, 25. April, 18 Uhr Ausstellungseröffnung

bis Sonntag, 21. Juli

Ausstellung

Sonderausstellung: Magie und Aberglaube im Mittelalter 

Einführung in die Ausstellung: Beate Bickel M. A.

Musikalische Begleitung: Korydwenn

 

 

Sonntag, 19. Mai, 14-17 Uhr

Familientag

Internationaler Museumstag

14 Uhr: Mittelalterlicher Bogenbau mit Michael Stiller, Ippinghausen 

16 Uhr: Barbara Rüffert erzählt Märchen

Selbstgebackener Kuchen, Kaffee und gekühlte Getränke und gute Laune

Eintritt frei!

 

Donnerstag, 13. Juni, 19 Uhr

Vortrag / Lesung / Gespräch - Himmel hilf!

Vortrag: Dr. Tillmann Bendikowski, Hamburg: Himmel hilf! Warum wir Halt in übernatürlichen Kräften suchen

(gemeinsam mit der Buchhandlung Mander)

Eintritt 5 Euro, SchülerInnen und Studierende frei

 

Anfang Juli

Ausstellung

Ausstellung von Schülerarbeiten, Wahlunterricht Kunst Klasse 10 der Walter-Lübcke-Schule mit Karin Balkenhol

 

Donnerstag, 12. September, 19 Uhr

Vortrag - Die große Welt im kleinen Format

Prof. Dr. Sabine Thümmler, Berlin: Die große Welt im kleinen Format. Möbelstile in Wolfhager Puppenstuben zwischen Historismus und Neuer Sachlichkeit.

Eintritt 3 Euro, Mitglieder des Museumsvereins, SchülerInnen und Studierende frei

 

Sonntag, 6. Oktober, 15 Uhr-16.30 Uhr

Musik

Mittelalterliche Musik mit Korydwenn, Ippinghausen

Einritt frei, Spenden erbeten!

 

 

 
Der Eintritt ist für alle Veranstaltungen frei für Mitglieder des Museumsvereins, Schüler/innen und Studierende.
 
Unser Dank für freundliche Unterstützung gilt der Kasseler Sparkasse, der VHS Region Kassel, dem Hess. Museumverband und der Kulturstiftung des Landkreises Kassel.